Logo Rosemarie Wagner

Mein Sohn Lukas

Wunschkind


  • Hallo mein Sohn

    Schwanger

    Geschockt und Freude gleichzeitig

    Mein Wunsch

    Ein Mädchen

    Ich hatte mich so auf das

    Kind gefreut

    Pränatale Untersuchung

    Ein Junge

    Ich habe mich so auf Dich

    Gefreut

    Du warst in meinem Bauch

    Die Zeit war wunderbar

    Voller Vorfreude

    Voller Hoffung

    Ich wünschte mir

    Einen kleinen frechen Lausbub

    Aktiv

    Und neugierig auf die Welt

    Voll Power

    Und doch zärtlich und verschmust

    Willensstark

    Und doch gefühlvoll und sanft

    Freiheitsliebend

    Und doch anhänglich

    Der Schock

    Die Diagnose

    Down-Syndrom

    Behindert

    Ein Leben lang

    Mein Wunschkind verblasst

    Du kamst zur Welt

    Zu schnell, zu früh

    Du warst zu klein,

    zu zart, zu schwach.

    Sie haben uns getrennt

    Um Dir zu helfen.

    Am nächsten Tag

    unser erstes Treffen 



    Du warst soo klein

    mit einem Lächeln lagst Du da

    Es war so wunderbar

    Dich das erste mal

    im Arm zu halten

    Dich zu sehen

    Dich zu berühren

    Dich zu riechen

    Der schönste Moment

    meines Lebens

    Angst kommt auf

    Wut

    Tränen

    und Liebe, ganz viel Liebe

    egal, wenn DU anders bist

    ich lieb Dich

    so sehr

    Das Leben wird weitergehen

    irgendwie

    wir werden zusammenhalten

    alles wird möglich

    Du wolltest leben

    Du hast gekämpft

    Du hast gewonnen

    Heute sitzt Du vor mir:

    Ein kleiner, frecher Lausbub,

    aktiv und neugierig

    eroberst Du die Welt

    Du bist voller Power

    und doch

    zärtlich und verschmust.

    Du hast einen so starken Willen

    Und doch bist Du

    Gefühlsvoll und sanft

    Du liebst die Freiheit

    zu tun was Du möchtest

    Und doch bist Du

    Lieb und anhänglich.

    moment mal, JETZT kann ich es sehen:


    DU BIST JA MEIN WUNSCHKIND

    für meinen Sohn Lukas Raphael


Geburt


  • Hallo Leute - Ich bin der Lukas

    Ich möchte mich gerne näher vorstellen und euch natürlich auch berichten, wie ich zu diesem schönen Namen gekommen bin:


    Es war am März 2000, als ich durch einen Kaiserschnitt zur Welt kam. Ich bin also ein "Milleniumsbaby". Das muss anscheinend schon was Besonderes sein!


    Auf jeden Fall freuten sich alle königlich, ganz besonders natürlich meine Mama, die bestimmt froh war, mich endlich aus ihrem Bauch herauszuhaben, jaja, ich war schon damals ziemlich temperamentvoll, kann ich euch sagen!


    Mit sagenhaften 1168 Gramm, einer stolzen Größe von 40 cm und einem Kopfumfang von 29 cm erblickte ich das Licht der Welt. Ich wurde mit dem Down-Syndrom geboren, was Mama und alle anderen aber schon vorher wussten. Ich will es euch ganz ehrlich sagen: Ich bin sehr froh, dass meine Mama sich für mich entschieden und mich nicht "wegmachen" lassen hat.


    Eigentlich hatte ich ja noch 6 Wochen Zeit. Doch ich war schon im Mamas Bauch ein kleiner Wilder - und so habe ich mir erstmal die die Nabelschnur um den Hals gewickelt. Kindlicher Forscherdrang eben.


    Aber damit nicht genug: Ich wollte dann natürlich noch sehen, wie gut ich sie noch um meinen Bauch wickeln kann, was ja auch spitzenmässig geklappt hat.


    Allerdings war das Alles wohl nicht so gut, denn damit habe ich mir dummerweise meine Mahlzeiten selbst vorenthalten und konnte nicht mehr wachsen. Na, wenn mir das aber auch niemand sagt.


    Und dann war das Fruchtwasser doch tatsächlich ganz grün geworden und es wurde allerhöchste Eisenbahn. Mir war schon richtig übel und ich wusste, wenn meine Mama jetzt nicht sofort ins Krankenhaus fährt, dann ist es um mich geschehen - dabei hatte ich mich so sehr auf das große Abenteuer, das die Menschen "das Leben" nennen, gefreut!


    Alle waren in heller Aufregung - und meine Mama auch nicht mehr ganz so bei der Sache. Na, sie fühlte sich eben fürchterlich und ihr wurde jetzt auch ganz schlecht.


    Unsere Freundin Jutta war wie immer bei uns - sie hat Mama mit beruhigenden Worten auf die Geburt vorbereitet. Meine Mama wollte nämlich keinen Kaiserschnitt, oh nein! Meine Mama wollte es ganz genau miterleben, wenn ich zur Welt komme. Ja, auf meine Mama kann ich ganz doll stolz sein!


    Im Krankenhaus waren alle wirklich lieb zu Mama und bereiteten die Geburt vor. Also, wenn ich es mir genau überlege, eigentlich war das ja mehr ein Staatsempfang!


    Eine Krankenschwester war nur für Mama und mich abgestellt und erklärte alles: Der Hubschrauber sei bestellt, falls mein Herzfehler zu groß wäre. Sauerstoff sei auch genügend da, falls ich nicht von alleine atmen würde - und was weiß ich nicht noch alles. Meine Mama wurde immer nervöser und sie sagte zu Jutta, dass sie richtig Angst hätte. Sie wollte gar nicht so genau wissen, was alles geplant sei, sie wollte einfach nur, dass sie mich rechtzeitig holen würden, damit ich nicht noch ernsthafte Gesundheitsschäden davontragen würde.


    Und endlich war es dann soweit!


    Jutta durfte mit zur Entbindung. Mama bekam ein Mittel und ist sofort eingeschlafen. Sie hat zwar versucht, unbedingt wach zu bleiben, doch irgendwie klappte das nicht. Die PDA hat man ihr nicht geben können, zu gefährlich, sagte man ihr. So verschlief sie das meiste und darüber ärgert sie sich heute noch so richtig.


    Dann gab es eine Riesenunruhe, viele laute Stimmen waren zu hören und dann ein Freudenschrei der Krankenschwester! "Gott ist der süß, oh Gott, er schaut aus wie ein kleiner LUKAS - und er atmet, er atmet allein! Er lächelt, schaut her, er grinst mich an!"


    Mama wartete darauf, dass sie mich schreien hörte, aber das habe ich gar nicht gemacht.. ich doch nicht! Ich hatte mich so auf das Leben gefreut und dann sollte ich weinen? Nix da!


    Dann rief Mama: "Ja, genau SO soll er heißen!" Ihr müsst wissen, dass sie noch gar keinen Namen für mich hatte; das heißt, sie hatte natürlich schon ganz viele, sich aber eben noch nicht entschieden. "So, dann heißt er jetzt LUKAS RAPHAEL, so wollte es meine Mama. Denn Ich wurde sogar in der Raphaelstunde geboren. Dann war sie wieder eingeschlafen. Tapfere Mama!


    Irgendwann natürlich wachte sie wieder auf. Jutta war bei ihr geblieben, um zu berichten, was passiert war. Sie hat aber nur mitbekommen, dass ich im Inkubator war, dass ich ganz alleine atmen konnte und dass das Herz wohl auch soweit in Ordnung war. Ich war eine ganz wichtige Person, kann ich euch sagen, denn ich wurde ständig überwacht.


    Jutta hat dann das ganze Krankenhaus abgegrast, um eine Kamera zu finden - denn die hatte Mama in der ganzen Aufregung doch glatt zuhause vergessen. Dann ist Mama aber auch schon gleich wieder eingeschlafen. Sie hatte bestimmt starke Schmerzen, aber sie hat sich nichts geben lassen, weil sie mich von ihrer Muttermilch trinken lassen wollte. Darauf hat sie unbedingt bestanden.


    Am nächsten Morgen, kam dann die ganze Familie zu Besuch und alle waren glücklich und meinten, wie toll wir das gemacht hätten und wie großartig ich wäre. Der Doktor wollte dann später noch mal alles in Ruhe mit Mama besprechen.


    Mama wollte mich jetzt unbedingt sehen, doch das ging leider noch nicht. Das hat sie ganz krank gemacht, wie ihr euch denken könnt. Sie überlegte sich allein auf den Weg zu machen, selbst auf die Gefahr hin, dass sie umfallen würde, ja, sie wollte unbedingt zu mir!


    Und was soll ich euch sagen: Da ging wie durch ein Wunder die Türe auf und ein Mann trat auf sie zu. Er stellte sich als Krankenhausseelsorger vor. Er war von Mamas Frauenärztin benachrichtigt worden, die ja wusste, dass ich keinen Papa habe und die sich dachte, dass meine Mama bestimmt jemand zum Reden bräuchte. Klasse, oder? Er fragte Mama, wie es ihr ginge und auch, ob er etwas für sie tun könnte. "Na klar können Sie das, besorgen Sie mir bitte einen Rollstuhl und fahren sie mich zu meinem Sohn." Was der gute Mann dann auch gerne gemacht hat.


    Mann, was haben die auf der Intensivstation gestaunt, als sie Mama sahen. Aber sie waren alle ganz nett und freundlich dort: Sofort wurde sie mit einem Kittel ausgestattet und man schob sie zu mir hin.


    Und dann sah sie mich das erste Mal!


    Ich lag natürlich mit einem Lächeln da, wollte ich ihr doch zeigen, was für ein toller kleiner Kerl ich bin. Die wärmende Decke hatte ich einfach weg geschoben (hehe, das mache ich heute noch so) und ich war an mehrere Schläuchen angeschlossen.


    Meine Mama war ganz still und schaute und schaute und schaute. Sie sah mich nur mit großen, glänzenden Augen an und brachte kein Wort heraus. Sie war überwältigt, einfach sprachlos, so sagte sie später.


    Ich wäre ja sooo klein gewesen, so winzig. Und ein ganz unglaubliches Gefühl hätte sie überkommen. So wie damals, als sie erfuhr, dass ich mit dem Down-Syndrom zur Welt kommen würde. Sie aber hatte sich, wie ihr schon wisst, zum Glück für mich entschieden - doch davor hatte sie natürlich schon eine Achterbahn der Gefühle durchgemacht.


    "Der sieht doch ganz normal aus", meinte sie. "Man sieht nichts." Sie hatte sogar die Hoffnung, dass sich eben alle geirrt hätten und ich ein ganz normaler kleiner Mann wäre. Sie berührte ganz behutsam meine Hand und streichelte mich sanft und zärtlich. Tja, und dann weinte sie, ach was, sie heulte Rotz und Wasser. Und sie hat sich bestimmt nicht dafür geschämt, nee, meine Mama doch nicht.


    Es war aber auch alles ein bisschen zuviel für sie. Der nette Krankenhausseelsorger hatte sich in der Zwischenzeit zurückgezogen und kam jetzt wieder. "Deine Mama muss sich noch ausruhen", sagte er. Sie wollte zwar erst nicht, sah es aber dann doch ein. Er brachte sie auf ihr Zimmer und sie legte sich ganz brav wieder ins Bett.


    Dann kam endlich der Doktor und erzählte Mama von mir.


    Es war tatsächlich soweit alles in Ordnung, außer dass ich ein Loch im Herzen hätte. Und meine Mama heulte gleich wieder ein bisschen. "Man nennt das Vorhofscheidewanddefekt (ASD)", sagte er zu ihr. "Beim Herz werden die beiden Vorhöfe des Herzens (Atria) von einer membranartigen Scheidewand (Vorhofseptum) getrennt. Manchmal ist diese Wand nicht vollständig, sondern hat ein "Loch". Dieses Loch nennt man dann eben Atrium Septum Defekt oder Vorhofscheidewanddefekt. ASD's können klein, groß, einmal oder auch mehrfach vorhanden sein. Das Herz kann ansonsten normal entwickelt sein oder andere zusätzliche Fehlbildungen aufweisen."


    Mama ist ja gelernte Krankenschwester und sie wusste gleich, was das zu bedeuten hatte. Sie wollten das aber erstmal nicht operieren, denn so ein Loch kann sich auch ganz von alleine schließen.


    Meine Mama wollte gleich wieder zu mir, das ging aber nicht. Sie sollte sich jetzt erstmal ausruhen.


    Am nächsten Morgen war Mama schon ganz früh wach. Sie stieg alleine aus dem Bett, war aber noch recht wackelig auf den Beinen. Sie ging ins Bad, um sich frisch zu machen. Dann machte sie sich mit all' den Schläuchen und dem Infusionsständer als Halt auf den Weg zu mir - sie wollte einfach nicht warten, bis jemand kommen würde.


    Junge Junge, die staunten nicht schlecht, als sie Mama sahen! Sie brachten sie zu einem Liegestuhl, damit sie sich ausruhen konnte. Und die netten Schwestern standen alle an meinem Bettchen und schauten zu, wie ich Grimassen machte. Das muss wohl ziemlich witzig ausgesehen haben, denn alle lachten und hatten großen Spaß.


    Eine ganz besonders nette Schwester nahm mich aus dem Bettchen und legte mich auf Mamas Bauch. Sie lag ganz steif da, traute sich nicht, sich zu bewegen und sie hatte wirklich Angst mich zu berühren, hatte Angst davor, mir weh zu tun, weil ich doch so winzig war und so zerbrechlich wirkte.


    Dann kam der erste Versuch, ich durfte an Mamas Milchbar. Und dann habe ich Mama bestimmt ganz ganz glücklich gemacht, denn ich konnte saugen. Und sie heulte schon wieder. Ich trank nicht viel, doch der Saugreflex war da. Von da an wusste meine Mama, was für ein großer Kämpfer ich war!


Entwicklung


  • Meine Enwicklung

    Meine Mama kam jeden Tag zur mir ins Krankenhaus. Zweimal - morgens und nachmittags. Das ließ sie sich nicht nehmen, obwohl sie eine Fahrtzeit von vier Stunden hatte: zwei Stunden hin und noch mal zwei wieder zurück!


    Jeden Tag sagte sie zu mir: “ Fröschchen (so nannte sie mich, weil ich wie ein Frosch auf ihrem Bauch herumrutschte), nimm' ganz schnell zu, hörst du? Je mehr du zunimmst, desto besser ist es, denn dann darfst du mit nach Hause."


    Und das ließ ich mir wirklich nicht zweimal sagen. Und wisst ihr was? Schon nach drei Wochen durfte ich die Intensivstation verlassen! Ach ja, Mama war glücklich - und dann aber auch wieder traurig, dachte sie doch, ich dürfte jetzt mit. Aber nein, es fehlten doch tatsächlich noch ein paar Gramm. Aber dann, nach zwei weiteren Wochen, kam dann endlich der große Tag!


    Jutta und Mama kamen, um mich abzuholen. Beide waren ganz aufgeregt. Und wie bei einem richtigen Staatsempfang wurden wir auch wieder verabschiedet. Alle waren traurig, dass ich sie nun verlassen sollte, das habe ich schon gemerkt. Nur meine Mama war überhaupt nicht. traurig. Klar, sie war nämlich total glücklich, dass sie mich jetzt mit nach Hause nehmen durfte. Und das war das Allerwichtigste, oder?


    Dann waren wir endlich zuhause. Mamas Katze, sie war schon fast blind, hatte mich dort doch tatsächlich ganz gespannt erwartet. Und sie ließ mich auch nicht aus den Augen. Zwei Tage hat sie mich bewacht, hat darauf geachtet, dass mir auch nichts passiert. Tja, und dann ist sie leider schon gestorben. Mamas bester Freund hatte sie verlassen. Ihr könnte euch sicher denken, dass meine Mama sehr, sehr traurig war und noch lange Zeit um ihren besten Freund trauerte, denn sie hatte doch eine so schöne und lange Zeit mit ihrer Katze gehabt.


    Als wir zuhause angekommen waren, legte mich Mama gleich ins Bettchen. Und sie rief ganz aufgeregt: "Oh Gott, ich brauche ein neues Bett, das hier ist doch viel zu groß für meinen Kleinen!" Hihi, sie hatte mich doch glatt mittenrein gelegt. Jutta lachte und sagte "nein, so geht das doch nicht" und zeigte Mama erstmal, wie man es richtig macht. Und dann schlief ich auch gleich wieder ein. Mama lief hin und her, sie hatte Angst, was zu verpassen. Aber es verlief alles ganz normal, es ist nichts Außergewöhnliches passiert.


    Und wenn ich nicht mehr schlafen wollte oder Hunger hatte, da weinte ich nicht, oh nein, ich doch nicht! Ich rief ganz einfach "ey ey"…und hastenichgeseh'n war meine Mama auch schon da. Ich war ein schlaues Kerlchen, oder? War ein schlaues Kerlchen? He, ich bin's heute noch - lernt mich einfach nur erstmal kennen…


    So verging ein Jahr und ich entwickelte mich ganz prächtig. Mama ging jeden Tag mit mir spazieren, bei jedem Wetter. Ich hab' eine tolle Mama, ich habe es euch ja schon gesagt. Sie sang viel dabei, sie war sehr glücklich über ihren kleinen Frosch, der richtig toll war, wie sie fand.


    Im ersten Jahr war ich auch so gut wie nie krank. Das änderte sich dann aber. Immer wieder bekam ich Infektionen. Und die sind noch heute ziemlich gefährlich für mich. Ihr wisst schon, das ist so wegen dem Loch im Herzen.


    Auch stellte Mama fest, dass ich irgendwie nicht so richtig reagiere beim Sprechen. Sie brachte mich zur Kinderärztin und die meinte ganz verschämt: " Oh, das habe ich doch glatt vergessen. Er braucht ja noch einen Hörtest." Das kann ja sicher mal vorkommen - aber wirklich gut fand ich das mit dem verschwitzten Hörtest natürlich nicht.


    Dann musste ich auch noch lange auf einen Termin für diesen Test warten. Als es dann soweit war, stellten sie eine Innenohrschwerhörigkeit fest. Doch für Paukenröhrchen waren meine Gehörgänge zu eng. Dumme Sache, findet ihr nicht auch? Da gibt es so vieles zu Hören auf der Welt - und ich bekomme immer nur die Hälfte mit!


    Das ging dann lange Zeit so weiter, bis Mama eines Tages die Nase voll hatte und die Klinik wechselte. Viel Zeit, sehr viel wertvolle Zeit war vergangen. Denn so lernte ich ja nicht zu sprechen, weil ich doch nicht hören konnte.


    Aber nach fast drei verlorenen Jahren hatte ich es geschafft: Ich bekam meine Paukenröhrchen und sogar noch Hörgeräte. Aber die mag ich nicht so sehr, weil ich auch immer wieder Entzündungen in den Ohren habe. Und dann sind die ziemlich unangenehm zu tragen. Aber Mama blieb hart - und ist das auch heute noch. So lernte ich das Sprechen - und ein paar Worte kann ich jetzt schon, nur eben später als andere. Und mit immer wieder kranken Ohren und Infektionen dauert das natürlich auch noch etwas, bis ich es richtig gut kann. Aber ich werde das schaffen, das ist doch gar keine Frage!


    Mama hatte von Anfang an eine Frühförderung für mich. Erst kam sie zu mir ins Krankenhaus, dann nach Hause. Und einmal die Woche gingen wir zu Krankengymnastik nach Bobath und auch noch zur Ergotherapie. Das hat mir sehr gut geholfen, denn schneller als erwartet robbte ich durch die Wohnung. Sicher hat das seine Zeit gedauert, denn ich brauche doch für alles viel mehr Zeit, aber ich war ja der große Kämpfer und ich wollte das ganz einfach. Und so habe ich es auch hinbekommen.


    Mama sagte, wenn ich so weitermache, dann werde ich schon zum zweiten Geburtstag laufen können. Und genau so war es auch! Ich habe heimlich im Bett geübt: Mich hochziehen und dann stehen, denn ich wollte doch so laufen wie alle anderen auch. Und dann geschah wirklich das große Wunder! Zwei Tage vor meinem zweiten Geburtstag ging ich die ersten Schritte in Richtung Mama. Sie streckte mir ihre Arme entgegen und war so überwältigt, dass ihr wieder die Tränen die Wangen herunterliefen - und sie freute sich unbeschreiblich für mich.


    Aber damit begann für Mama auch die schwierige Zeit. Denn ich räumte alles aus. Immer wieder. Das mache ich heute noch. Ich mag nämlich keine Ordnung…hihi…


    Dann wechselte sie die Krankengymnastik. Jetzt wurde nach Castillo Morales geübt. Das wäre gut für meinen Mundschluss, sagte sie, und auch für alles andere. Und das hat mir richtig gut getan. Ich wurde immer besser. Aber eben auch schwieriger. Ich habe nämlich einen Dickkopf, ich will längst nicht so, wie man das immer von mir erwartet. Und meistens setze ICH mich durch. Jawoll!


    Dann sind wir aus der Großstadt weggezogen, dorthin, wo meine Mama aufgewachsen ist. Wir haben das wegen ihrem Papa gemacht, der schwer krank war, und natürlich auch wegen mir.


    In einem ruhigeren Umfeld könnte ich mich besser entfalten, meinte sie. Da ich ja nicht gut höre, bin ich mit einem anderen „Sinn“ ausgestattet. Ich lerne vom Sehen und merke mir alles von den Eindrücken her.


    Richtig schön ist es hier. Alles so dicht beieinander. Und das Schwimmbad ist auch ganz große Klasse! Dorthin habe ich mich auch mal alleine auf den Weg gemacht, trotz meiner Babysitterin. Sie hatte nur eine Sekunde nicht aufgepasst - und weg war ich! Was war da die Aufregung groß, Mama schlotterten die Knie. Ihr Herz raste. Aber sie vermutete mich genau am richtigen Ort. Ich stand an einer Kreuzung. Und fünf Autos waren auch noch da. Mamas Herz rutschte in die Hose, wie sie nachher gesagt hat. Aber sie hat überhaupt nicht mit mir geschimpft, nein, meine Mama versteht mich nämlich gut. Sie hat deshalb ganz ruhig mit mir geredet. Aber bei der Babysitterin hat sie einen Tobsuchtanfall bekommen. Ihr hättet meine Mama da mal erleben sollen! Das Dumme ist nur: Jetzt geht es nicht mehr so einfach mit dem Ausbüchsen. Denn Mama verriegelt alles.


    Dann kam die Zeit, dass ich in den Kindergarten musste. Mama wollte das Beste für mich. So kam ich in einem Regelkindergarten. Da hatte ich sogar eine Kindergärtnerin nur für mich. Doch es klappte leider nicht wirklich, es war alles zuviel für mich. Da waren so viele Kinder, ich konnte das einfach nicht verarbeiten. Und so bin ich wohl ganz schrecklich geworden. Habe mich sogar zurück entwickelt.


    Dann kam ein Gespräch, es ging um die Entwicklung, und wie es so da läuft. Da war eine Frau vom Behindertenreferat dabei. Sie hat Mama unterstützt. Nicht alles lief da so, wie Mama sich das vorgestellt hatte, aber es waren ja erst 6 Wochen vergangen, so dass Mama erstmal abwarten wollte. Ansprechen wollte sie es auf jeden Fall.


    Als sie dann fragte, wie sie es denn mit dem Toilettentraning hielten, ob sie das mit mir so weiterführen wie Mama es angefangen hat? Ihr müsst wissen, ich brauche für alles meine Zeit, und Mama wollte unbedingt erreichen, dass ich bis zur Einschulung, "trocken" bin. Sie bekam zur Anwort:  Dafür hätten sie keine Zeit. Keine Zeit, Mama schluckte. Fragte noch einmal, weil sie glaubte, sie hatte das nicht richtig verstanden. Doch die Antwort blieb. Trotz eigener Integrationskraft, hatte man keine Zeit für mich. Mama war entsetzt. Sie erhoffte sich Beistand vom Behindertenreferat, doch die sagte nichts dazu. Nichts! Da sagte Mama nur, dann ist er defenitiv falsch hier. Sie wollten mich zwar behalten, aber Traning war nicht möglich. Mama hat sich entschieden. Entweder bleib ich  Zuhause oder ich gehe in einem anderen Kindergarten.


    Ich kam dann in eine heilpädagogische Einrichtung. Wir sind nur 8 Kinder dort. Und jetzt geht es mir wieder richtig gut. Und das Toilettentraning klappt wunderbar.


    Beliebt hat sich Mama damit nicht gemacht. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Nach der Kindergartenzeit.

Zum 6. Geburtstag


  • Unglaublich (Nun wirst du 6 Jahre alt)

    Ja, hab ich gesagt

    trotz aller Anforderungen, Anfeindung

    und Unsicherheit

    innerhalb meiner Familie und der Mitmenschen


    Ja hab ich gesagt

    trotz meiner Ängste


    Du lässt mich unglaublich weich werden

    Du lässt mich kämpfen, für DICH


    Du bringst mich zum Lachen

    Du bringst mich zum Weinen


    Du zeigst deine Wut

    Du zeigst deine LIEBE


    Du verfolgst stur und hartnäckig

    deine Ziele, bis zum Verzweifeln


    Du tröstest, wenn andere traurig sind

    Küsst meine Tränen fort, wenn ich verzweifelt bin


    Du hast mein Leben verändert

    BEREICHERT


    Mir Dinge gelehrt, die ich nicht mehr missen

    möchte


    Du bist einfach UNGLAUBICH

Zum 12. Geburtstag


12 Jahre sind vergangen mein Schatz, 12 Jahre!!
Was haben wir alles erlebt, wirklich schöne, witzige und lustige Geschichten.
Aber auch viele traurige, unglaubliche Geschichten.

Viele Kämpfe...

... Mama freut sich noch auf viele viele solche spannende Jahre mit dir.

 

Heute aber, möchte Mama sich nur an das Schöne erinnern.

  • Dein 12 Geburtstag

    Du kamst heute Morgen den zweiten Tag nach deinem Geburtstag an meinem Bett und dirigiertes Happy Birthsday und singst dazu. Mama weiß nicht, ob sie lachen oder weinen soll, ist es doch erst halb sechs am Sonntag, selbst die Lerchen sind noch nicht wach. Aber dein Kuss und die dicke Umarmung lies Mama schnell vergessen wie früh es noch war. Du wolltest alle Geschenke, die du bekommen hast ausprobieren. Den Roboter, die "Kiste".. tiptoi, und und und...und das ganze am Sonntag um halb sechs.


    Du feierst immer noch, war es doch sehr schön für dich, die Familie da war (nur Mimmi nicht, das hat dich wohl wütend und traurig gemacht). 


    Am Morgen des 16.3. war dein Geburtstagtisch schon gedeckt wie jedes Jahr, und du gingst auch sofort schauen. Du strahlst, und natürlich hast du deine CD`s direkt in deiner Schultasche gepackt, du warst total glücklich, all deine Wünsche wurden erfüllt, und mehr. "Oh Mama", deine Freude und dein strahlendes Gesicht, sagt alles. Auch die Geburtstagkarte von Oma Renate und Opa Dieter, die war ganz grosse Klasse, und der Inhalt erst, der verschwand direkt in deiner Hosentasche. Davon wolltest du dir noch mehr CD`s kaufen. Glücklich warst du nicht, als Mama dir das Geld wieder wegnahm, aber dann nach langem reden, hast du es verstanden. Aber nur kurz, denn du wolltest nach "Ral" kaufen gehen. Irgendwann, bestimmt nicht mehr lange, wirst du dich wohl allein dorthin auf den Weg machen, wenn Mama nicht aufpasst seufz, denn dein Wille ist ganz stark, wenn du dir etwas im Kopf setzt, muss es passieren, am liebsten sofort.


    In der Schule, da haben dich alle ganz doll begrüsst, zumindest die Einzelintegrationshelfer. Du gabst  jedem die Hand, und gratuliertest alle, umarmtest alle. Das macht keiner so toll  und so herzerfrischend wie du, Mama ist immer berührt, denn du freust dich für jeden mit und zauberst bei allen ein lächeln ins Gesicht. Und dann gingst du ganz schnell in die Schule rein, wolltest doch den selbstgebackenen Kuchen (hoffentlich waren keine Eierschalen mehr drin) und auch deine Geschenke, in deiner Klasse bringen. Wie es in der Schule war, das weiß Mama nicht, du kamst mit einem Spongebobball (noch ein Ball, davon hast du ja nur 100terte, o:))) aus der Klasse, aber glücklich sahst du nicht aus. Sonst leider keine Information, ob der Kuchen geschmeckt hat, ob Eierschalen drin waren, ob dein Mitbringsel gefallen hat. Schade, aber Mama ist das ja von den Förderschulen gewohnt, keine Infos zu bekommen, ja am liebsten halten sie die Eltern außen vor, nur bitte kommen, wenn es was zu feiern gibt, und Geld einbringt, aber lassen wir die Schule, davon in einem anderen Kapitel, und außerdem wollten wir uns ja nur an das Schöne, nämlich dein 12ten Geburtstag erinnern.


    Ganz aufgeregt haben wir am Vortag diesen Kuchen (Sckokokuchen musste es sein) gebacken, und wie toll du dir alle Zutaten zurechtgelegt hast. Es ging dir nicht schnell genug. "Die Eier rein", sagst du und schups waren sie drin. "Helfen Mama", die Schalen waren mit reingelandet. Wir lachten.  Es ist so schön, dir dabei zu zuschauen, zu sehen, wie gut du aufgepasst hast, wenn wir backen.  Die Milch rein, hmmm noch ein Schluck selber trinken, hmmm lecker "Muuh" sagst du, anstatt Milch, und du strahlst. Mit dem Finger im Teich," hmmm lecker Mama", noch etwas Zucker rein, und dann mit dem Mixer rühren. Das machst du besonders gern, der Tisch voller Mehl und Schoko, egal Mama kann das putzen. Und dann kam das Beste. Die Rührschüssel, die hast du bist zum letzten Rest ausgeschleckt "alle" dein Kommentar, die Schüssel fast sauber. Dein Gesicht und die Hände, sahen nun auch aus wie der Schokokuchen. Immer wieder ranntest du zum Backofen, immer noch nicht fertig. Das dauert aber. Dann endlich, er ist fertig, nur noch heiße Schokolade drauf. Der ist toll, Mama.


    Den restlichen Tag nervtest du mich dann, Dede, Dede.. Mimmi, Papa??? Du wolltest es einfach nicht verstehen, dass sie erst am Samstag kommen. Doch als du dann deine neue CD`s anhören und schauen durftest, waren sie  vorrübergehend "vergessen". Alle Anrufe für dich, da hast du einfach wieder aufgelegt, hattest keine Zeit, Musik war wichtiger, und tanzen. Nicht lange, dann wieder Dede? Mimmi?? Deine Beharrlichkeit, ist einfach unglaublich.


    Endlich war es dann soweit. Nachdem wir einkaufen waren und du alles aussuchen durftest für dein Geburtstagstisch, kam dein Besuch. Alle brachten große in bunt verpacktem Papier "Kartons"mit...Wow "Mama" hörte ich nur, und "Mama" "Oh Mama" und musste dir deinen neuen CD-Spieler ins Zimmer tragen und anschließen. Dann kam Jutta, sie brachte dir einen Roboter. Der ist so klasse, dass die anderen Geschenke erstmal warten mussten. Den brachtest du persönlich in dein Zimmer. Deine Cousine Leni und dein Cousin Noel hast du erstmal aus deinem Zimmer verbannt. Dann geschah echt ein Wunder. In sekundenschnelle, war dein Zimmer wie von Zauberhand aufgeräumt. Du hast das alleine gemacht!!!! Ratze (Dede`s Mann) fragte Jutta, "räumt er immer so toll auf?" "NeeNeee, da gibt immer tagelanger Stress", sagt sie. Mama hatte zweimal schauen müssen, sie dachte sie träumte, dein Zimmer war aufgeräumt, und zwar perfekt, unglaublich. Das hast du dir ganz toll ausgedacht, dein Roboter brauchte Platz zum Laufen und zum Tanzen, gut gedacht mein Schatz, gut gedacht!! Geht also doch.


    Leni und Noel hatten Angst vor den Roboter, den wir jetzt Bobby nennen.

    Und du, ja du hast dir eine neue CD reingelegt und tanztest wie verrückt mit dem Roboter, Himmlisch anzusehen.


    Abends kuscheltest du dich mich in meinem Bett, total müde und glücklich, und sagtest nur.. "hmmm Mama"....ja Lukas es war ein schöner Geburtstag


    deine Mama

Zum 18. Geburtstag


  • 18 Jahre

    Ist es wirklich wahr

    heut wirst du 18 Jahr

    ich bin gerührt

    wie der Teig vom Kuchen

    der vor mir steht

    den du mit zur Schule nimmst

    und allen etwas von deinem Glück schenkst


    die Zeit, sie war nicht immer leicht

    doch ich möchte sie nicht missen

    nun ist es doch tatsächlich soweit

    du erreichst deine Volljährigkeit

    wo ist nur die Zeit geblieben


    ich wünsche dir

    auf all deinen zukünftigen Wegen

    ganz viel Glück

    mit gute Menschen die dich begleiten

    und hoffe auf Gottes Segen

    schaue immer nach oben

    zu den Sternen

    denn du musst und du kannst

    noch ganz viel lernen

    viel Liebe die du gibst

    wünsche ich dir zurück


    wohin du auch immer gehst

    wer dir später auch immer zur Seite steht

    Deine Mama wünschst dir für die Zukunft

    nur noch gute Menschen

    die dich in richtige Bahnen lenken

    und dich immer verstehn


    Bleib wie du bist

    authentisch und optimist

    nervend und lachend

    lieber Lukas heute zum 18. da lassen

    wir es krachen


    Mein lieber Lukas auf all deinen neuen Wegen geb ich dir meine Liebe mit

    Mama (März 2018)

  • Besondere Kinder

    Mütter besonderer Kinder


    Für Eltern besonderer Kinder (und für die, die glauben, dass ich mich rechtfertigen muss, weil ich, obwohl ich es wusste, dass mein Sohn behindert zur Welt kommt, es gewagt habe, ihn zu bekommen)


    Ich betrachte die Fähigkeiten und Beschränkungen meines Kindes realistisch und respektiere es als vollwertigen Menschen.


    Was die Fähigkeiten meines Kindes angeht, gestehe ich mir keine unrealistischen Erwartungen - und daraus resultierende wiederholte Enttäuschungen - zu.


    Ich plane für die Zukunft, was möglich ist, aber ich lebe für den Tag und vertraue darauf, dass ich mit dem, was morgen, nächstes Jahr oder in zehn Jahren sein wird, schon regeln werde.


    Ich verfüge über das Wissen und das Können, an Informationen und andere Quellen zügig und kreativ heranzukommen.


    Ich hoffe, ohne Wunder zu erwarten.


    Mein Selbstwertgefühl ist intakt. Ich bemesse meinen Wert nicht an den Fähigkeiten oder Beeinträchtigung meines Kindes.


    Ich versuche, die Welt aus dem Blickwinkel meines Kindes zu sehen.


    Ich bin in der Lage, mit anderen zu fühlen, kann mir ihre Standpunkte anhören und dabei doch zu meinen Prioritäten stehen.


    Ich habe die unproduktiven Gefühle der Schuld, der Scham, der Wut, der Vorwürfe und der Selbstkritik abgeschüttelt.


    Im Allgemeinen betrachte ich ein Glas eher als halbvoll denn als halbleer; und ich kann jeden Augenblick voll ausleben.


    Ich überblicke mein Leben, meine Probleme und meine Ärgernisse.


    Ich habe Humor und kann über mich selbst lachen.


    Ich habe Verständnis für individuelle Unterschiede und respektiere sie.


    Ich unterhalte ein Netzwerk von Familienangehörigen und Freunden.


    Ich kümmere mich so gut wie möglich um die Bedürfnisse der ganzen Familie.


    Ich merke, dass ich nicht alles tun kann, und habe deswegen kein schlechtes Gewissen.


    Ich will mein Kind nicht ständig irgendetwas lehren, es stimulieren oder behandeln. Manchmal will ich einfach nur mit ihm spielen und Spaß haben.


    Ich mache mir keine Vorwürfe, wenn mein Kind in irgendeinem Gebiet keine Fortschritte erzielen kann.


    Ich muss nicht jedem Auskunft über mich und/oder mein Kind geben. Was andere Leute denken, liegt außerhalb meiner Kontrolle.

  • Down-Syndrom - Was ist das?

    Noch bis in die Zeit nach dem zweiten Weitkrieg wusste man nichts über die Entstehungsursachen des Down-Syndroms, das nach dessen Entdecker John Langdon Haydon Down (1828-1896) so bezeichnet wird. Down selbst benutzte die Bezeichnung "Mongolismus", weil ihn die besondere Augenstellung (schrägstehende Lidachse, weiter Augenabstand, flache Nasenwurzel) von Menschen mit Down-Syndrom an die mongolische Rasse erinnerte. Diese Bezeichnung wird heute von Eltern und Fachleuten abgelehnt, weil sie als rassistisch und diskriminierend empfunden wird.


    Neben der Bezeichnung Down Syndrom findet man auch die Bezeichnung Trisomie 21, die auf die Ursache des Down-Syndroms verweist. Seit der Entdeckung durch Lejeune im Jahre 1959 wissen wir, dass dem Down-Syndrom eine genetische Abweichung von der normalen Chromosomenausstattung des Menschen zu Grunde liegt: Das 21. Chromosom liegt 3-fach vor. Es können jedoch verschiedene Formen der Trisomie 21 unterschieden werden, auf die ich nicht näher eingehen kann (vgl. z.B. Storm 1995; Neuhäuser/Steinhausen 1999).


    Bei 90% der Kinder mit Down-Syndrom wird eine sog. "freie" Trisomie 21 festgestellt. Diese Hauptform, auf die sich auch die Ausführungen in diesem Artikel beziehen, wird durch eine Non-Disjunktion ("Nicht-Teilung") entweder bei der Entstehung mütterlicher bzw. väterlicher Keimzellen oder bei den ersten Teilungen nach der Befruchtung (das Chromosomenpaar 21 wird nicht getrennt) verursacht.


    Seit längerem ist bekannt, dass für das Auftreten einer Trisomie 21 das Alter der Mutter wesentlich ist, denn die Häufigkeit der Geburt von Kindern mit Down-Syndrom ist nach dem 40. Lebensjahr der Mutter mehr als 50-mal größer. Die Trisomie 21 kommt allerdings auch bei Kindern jüngerer Mütter vor (vgl. Neuhäuser/Steinhausen 1999).


    Da die Chromosomenanomalie der Trisomie 21 vorgeburtlich diagnostizierbar ist, werden heute bei Frauen, die 35 Jahre oder älter sind, oder bei denen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie ein Kind mit Down-Syndrom bekommen könnten, routinemäßig vorgeburtliche Untersuchungen durchgeführt (Blutuntersuchungen bei der Schwangeren, Fruchtwasseruntersuchung u.a.). Mehr als 90% der ungeborenen Kinder mit Down-Syndrom werden nach einer solchen Diagnose abgetrieben. Möglicherweise ist dies der Grund, warum trotz der deutlichen Altersabhängigkeit die überwiegende Zahl der Kinder mit Down- Syndrom Kinder jüngerer Eltern sind.


    Pränatale Diagnostik wird so zu einem Selektionsinstrument, denn sie führt dazu, dass Eltern plötzlich vor Entscheidungen stehen, für die sie unzureichend vorbereitet sind, da sie in der Regel nur wenig darüber wissen, wie das Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom aussehen könnte. Eltern, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, sollten daher immer auch eine intensive pädagogisch-psychologische Beratung über das Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom erhalten. Diese Beratung sollte günstigstenfalls durch Selbsthilfegruppen geschehen, da sie den werdenden Eltern das "Elternsein" in viel direkterer Form vermitteln können. Eine humangenetische Beratung allein, wie sie zurzeit die Regel ist, führt in der Regel zum Schwangerschaftsabbruch.

Lesenswertes und Nachdenkliches

  • Wer liebt mein Kind

    Wer wird mein Kind lieben, wenn ich's nicht mehr kann ?


    Wer wird mein Kind lieben und nimmt's wie es ist an ?


    Wer wird meinen Sohn kennen, geht mit ihm seinen Weg ?


    Wer wird ihn umsorgen, wenn ich nicht mehr leb ?


    Wer wischt seine Nase, streichelt sanft sein Gesicht ?


    Wer erzaehlt ihm Geschichten, wenn der Abend anbricht ?


    Wer wuerde das tun, jetzt ist er nichtmal zwei ?


    Und wer wuerde das tun, wenn die Kindheit vorbei ?


    Wer teilt mit ihm das Lachen, kann auch weinen mit ihm ?


    Wer lebt dann mit ihm, zeigt ihm den Lebenssinn ?


    Wer lehrt ihn was wichtig, was unwichtig ist ?


    Wer begleitet ihn freundlich und kameradschaftlich ?


    Wer wird mein Kind lieben, ihn lehren wie man liebt ?


    Wer wird mein Kind lieben und froh sein, dass es ihn gibt ?


    Wenn ich nicht mehr da bin, ihm nicht mehr helfen kann,


    Dann weiss ich sicher Jesus nimmt seiner sich an !


    von Dagmar Haes

  • Willkommen in Holland

    von Emily Perl Kingsley (uebersetzt aus dem Englischen von Andrea Kuehne)


    Ich werde oft gefragt, wie es ist, eine behindertes Kind grosszuziehen. Um Menschen, die diese einzigartige Erfahrung nie gemacht haben, verstehen zu helfen und um sich dieses Gefuehl vorstellen zu koennen. Es ist wie folgt....


    Wenn man ein Baby erwartet ist das, wie wenn man eine wundervolle Reise nach Italien plant. Man deckt sich mit Reiseprospekten und Buecher ueber Italien ein und plant die wunderbare Reise. Man freut sich auf's Kolosseum, Michelangelo's David, eine Gondelfahrt in Venedig und man lernt vielleicht noch ein paar nuetzliche 'Brocken' Italienisch. Es ist alles so aufregend.


    Nach Monaten ungeduldiger Erwartung, kommt endlich der langersehnte Tag. Man packt die Koffer und los gehts. Einige Stunden spaeter landet das Flugzeug. Der Flight Attendant kommt und sagt: "Willkommen in Holland". "Holland ?!? Was meinen sie mit Holland ?!? Ich habe eine Reise nach Italien gebucht! Mein ganzes Leben lang habe ich davon getraeumt, nach Italien zu fahren !"


    Aber der Flugplan wurde geaendert. Sie sind in Holland gelandet und da musst du jetzt bleiben.


    Wichtig ist, die haben uns nicht in ein schreckliches, dreckiges, von Hunger, Seuchen und Krankheiten geplagtes Land gebracht. Es ist nur anders als Italien.


    So, was du jetzt brauchst sind neue Buecher und Reiseprospekte und du musst eine neue Sprache lernen und du triffst andere Menschen, welche du in Italien nie getroffen haettest.


    Es ist nur ein anderer Ort, langsamer als Italien, nicht so auffallend wie Italien. Aber nach einer gewissen Zeit an diesem Ort und wenn du dich vom Schrecken erholt hast, schaust du dich um und siehst, dass Holland Windmuehlen hat... Holland hat auch Tulpen. Holland hat sogar Rembrandts.


    Aber alle, die du kennst, sind sehr damit beschaeftigt von Italien zu kommen oder nach Italien zu gehen. Und fuer den Rest deines Lebens sagst du dir: "Ja, Italien, dorthin haette ich auch reisen sollen, dorthin habe ich meine Reise geplant."


    Und der Schmerz darueber wird nie und nimmer vergehen, denn der Verlust dieses Traumes ist schwerwiegend.


    Aber... wenn du dein Leben damit verbringst dem verlorenen Traum der Reise nach Italien nachzutrauern, wirst du nie frei sein, die speziellen und wundervollen Dinge Holland's geniessen zu koennen.


    Copyright © 1987 by Emily Perl Kingsley

  • LebensWert

    © by Tanja Muster


    Im Fernsehen


    wieder


    Diskussionen


    ob ich es wert wäre


    zu leben


    Eugenik


    vorgeburtliche Diagnostik


    Euthanasie


    und ich denke mir


    mit 15 Jahren wäre ich


    gestorben ohne den med. Fortschritt


    vor 60 Jahren wäre ich


    vergast aufgrund des ideologischen Fort-Schritts


    in ein paar Jahren würde ich


    wegen beidem nicht geboren werden


    wie soll ich leben


    mit dieser Vergangenheit


    in Zukunft

  • Ein Geschenk des Himmels

    von Edna Massimilla

    (uebersetzt aus dem Englischen)


    Ein Engel kam zu seinem Herrn,

    Und sagte: Der Tag ist nicht mehr fern,

    Da dieses Kind geboren werden soll.

    Und schaute dabei sorgenvoll.


    Dieses besondere Kind braucht ein besonderes Heim,

    Denn es wird nie ganz so wie andere Kinder sein.

    Seine Entwicklung braucht sehr viel Zeit,

    Gestreckte Ziele sind ihm oft zu weit.


    Er braucht jemand der ihn voll Liebe pflegt,

    Bei den Menschen, wo er von morgen ab lebt.

    Er wird vielleicht nie laufen, nie spielen, nie lachen.

    Und vielleicht auch komische Sachen machen.


    Lass uns genau prüfen, wohin wir dieses Kind geben,

    Denn wir wollen für ihn ein glückliches Leben.

    Bitte Herr, lass uns heute nicht ruhen,

    Bis wir Eltern finden, die für Dich diesen Job tun.


    Sie werden es nicht sofort verstehen,

    Für welchen besonderen Dienst du sie ausersehen.

    Aber mit diesem Kind, das Du ihnen gibst,

    Wird ihr Glaube stärker und die Gewissheit, dass Du sie liebst.


    Und bald verstehen sie, was Du ihnen geschenkt,

    Wie wunderbar ihr Leben gelenkt.

    Ein Geschenk des Himmels und keine Last.

    Das ist es, was Du ihnen gegeben hast.

  • Normal

    Lisa ist zu groß.


    Anna zu klein


    Daniel ist zu dick.


    Emil ist zu dünn.


    Fritz ist zu verschlossen.


    Flora ist zu offen.


    Cornelia ist zu schön.


    Erwin ist zu hässlich.


    Hans ist zu dumm.


    Sabine ist zu clever.


    Traudel ist zu alt.


    Theo ist zu jung.


    Jeder ist irgendetwas zuviel.


    Jeder ist irgendetwas zu wenig.


     


    Jeder ist irgendwie nicht normal.


     


    Ist hier jemand,


    der ganz normal ist?


    Nein hier niemand,


    der ganz normal ist.


     


    Das ist normal.


    (Verfasser unbekannt)

  • Mit Deinen Augen

    Willst Du mir beibringen, was Du mit Deinen wundervollen Augen siehst?


    Diese Augen - sie lenken die Aufmerksamkeit auf Dich,


    egal wo Du hingehst - wie durch Zauberei.


    Du schaust etwas ganz gewöhnliches an und es wird zu etwas Besonderem für


    mich.


    Du gehst mit langsamen Schritten, freust Dich an Dingen, die ich stets


    übersah.


    Deine Augen, wie Radar, schauen durch das Unwichtige


    und erreichen das Herz und die Seele. Das Gute.


    Menschen in ihrem hektischen Leben, unfähig zur Ruhe zu kommen.


    Ich habe gesehen wie sie stehen blieben,


    und wenn es nur für einen Moment war, um in Deine Augen zu sehen.


    Herzen gingen auf, ein Lächeln breitete sich auf den Gesichtern aus.


    Es ist ein Wunder, dies zu beobachten.


    Was ist das nur mit Dir, liebes Kind?


    Wie kommt es, dass Deine Augen die traurigste Seele zum Singen bringen?


    Es kann sein, dass nur Engel Augen wie die Deinen haben.


    Augen, die alles was sie anschauen, zum Strahlen bringen.


    Wenn das war ist, könnte es sein...


    Und wenn alle Menschen die Welt mit Deinen Augen sehen könnten,


    ja dann wäre vielleicht ein bisschen mehr Frieden auf dieser Erde.


    (Verfasserin unbekannt)


    *******


    Wenn wir die Dinge nur mit ihren Augen sehen könnten,


    was würden wir wohl sehen?


    Wäre es nicht wert, darüber nachzudenken?


    (Kathy Peterson)

  • Eure Kinder sind nicht eure Kinder

    Eure Kinder sind nicht eure Kinder


    Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht


    des Lebens nach sich selbst.


     


    Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,


    und obwohl sie bei euch sind, gehören sie euch


    nicht.


    Ihr könnt ihnen eure Liebe geben, aber nicht


    eure Gedanken,


    denn sie haben ihre eigenen Gedanken.


     


    Ihr könnt ihren Körpern ein Zuhause geben,


    aber nicht ihren Seelen,


    denn ihre Seelen leben im Haus der Zukunft, das


    ihr nicht betreten könnt, nicht einmal in euren


    Träumen.


     


    Ihr könnt versuchen, wie sie zu sein, doch ver-


    sucht nicht, sie euch gleichzumachen.


     


    Denn das Leben geht nicht rückwärts, noch ver-


    weilt es beim Gestern.


     


    - Kahlil Gibran, Der Prophet

  • Fußspuren im Sand.

    Ich träumte eines Nachts, ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.

    Und es entstand vor meinen Augen, Streiflichtern gleich, mein Leben.

    Für jeden Abschnitt, wie mir schien, entdeckte ich ein Paar Schritte in dem

    Sand, die einen gehörten mir, die anderen meinem Herrn.


    Als dann das letzte Bild an uns vorbei geglitten war, sah ich zurück, und

    stellte fest, daß viele Male nur ein Paar Schritte in dem Sand zu sehen war.

    Sie zeichneten die Phasen meines Lebens, die mir am schwersten waren.


    Das machte mich verwirrt, und fragend wandte ich mich an den Herrn:

    " Als ich dir damals, alles, was ich hatte, übergab um dir zu folgen,

    da sagtest du, du würdest immer bei mir sein.

    Doch in den tiefsten Nöten meines Lebens seh´ ich nur ein Paar Spuren in dem

    Sand.



    Warum verließest du mich gerade dann, als ich dich so verzweifelt brauchte?


    Der Herr nahm meine Hand und sagte: " Geliebtes Kind, nie ließ ich dich


    allein, schon gar nicht in den Zeiten, da du littest und angefochten warst.

    Wo du nur ein Paar Spuren in dem Sand erkennst, da trug ich dich

    auf meinen Schultern. "


     


    Verfasser unbekannt

  • Der Tod ist nichts

    Der Tod ist nichts,


     ich bin nur in das andere Zimmer gegangen,


    Ich bin ich, ihr seid ihr.


    Das was ich für euch war,


    bin ich immer noch.


    Gebt mir den Namen,


    den ihr mir immer gegeben habt.


    Lacht weiterhin über das,


    worüber wir gemeinsam gelacht haben.


    Denkt an mich, betet für mich.


    Damit mein Name


    Im Haus ausgesprochen wird,


    so wie es immer war;


    ohne irgendeine besondere Betonung,


    ohne die Spur eines Schattens.


    Das Leben bedeutet das,


    was es immer war.


    Der Faden ist nicht durchgeschnitten.


    Warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein,


    nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?


    Ich bin nicht weit weg,


    nur auf der anderen Seite des Weges.


     


    Charles Peguy

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